Aprilscherz

Sandra hört die Tür klappen. Endlich. Sie sinkt auf den Küchenstuhl. Stille. Fort ist er. Sie atmet auf. Wieder so ein Morgen. In nichts anders als all die anderen. Dabei sind sie heute genau ein Jahr zusammen. Es ist der 1. April. Und er hat es nicht einmal bemerkt.

Müde ist sie. Auch wie jeden Morgen in der letzten Zeit. Selbst das Sonnenlicht, das den Tisch  bemalt, sieht irgendwie trübe aus. Immer das gleiche. Nichts ändert sich. Man müsste mal was ändern. Sie müsste mal was ändern.

Anfangs fand sie seine scherzhafte Art wundervoll. So inspiriert. Bis sie merkte, er amüsiert sich immer auf Kosten anderer. Über sich selbst lacht er nie. Wirklichen Humor hat er nicht. Und ihr selbst ist schon lange das Lachen vergangen.

Er hat also nicht daran gedacht. Ein gemeinsames Jahr. Wie schnell es verging, die letzten Wochen jedoch immer langsamer. Dieses Einerlei. Erst aufräumen. Dann Bürojob. Dann einkaufen. Dann kochen. Dann kommt er. Dann… nichts. 

Eigentlich will sie weg. Wieder nur sie selbst sein. Ohne seine blöden Witze. Wieder nur mit sich Spaß haben. Und mit Biggy, ihrer besten Freundin.

Sandra blickt sich träge um, entdeckt den Briefumschlag. Hoffnung durchfährt jäh ihr Herz. Sie richtet sich auf, gespannt. Ein blauer Brief. Wie ein Kündigungsschreiben sagt ihr ein mulmiges Gefühl. Sicher ein Liebesbrief zum Einjährigen weiß ihr Verstand.

Sie lässt das hellblaue Blatt sinken, starrt blicklos vor sich hin. Er hat Schluss gemacht! Ausgerechnet heute. Einfach so. Ein Abschiedsbrief mit einer Einladung zum »Letzten Abendessen«. 

***

Sandra öffnet ihm die Tür. Breit grinsend und einen Tankstellenstrauß hoch haltend stapft er herein, will sie umarmen. Sie weicht zurück. Rückt ihr Kinn nach oben, räuspert sich kurz und sagt: »Alles Gute und leb wohl!«. Greift nach ihren Koffern.

Verdattert schaut er sie an: »Aber … das war doch nur ein Scherz, Sandra! Hast du gar keinen Humor? Heute ist der 1. April! Witzig, nicht?«

Sandra lacht lauthals auf: »Ja, du bist der Witz meines Lebens und ich kann endlich darüber lachen!« Packt ihre Koffer fester. Und geht.

Sie wuchtet ihre Habe ins Auto, lacht dabei leise in sich hinein. 

Auf der Fahrt zu Biggy bricht immer wieder helles befreiendes Lachen aus ihr heraus.

Wer zuletzt lacht, …

***

2010