Sterne leuchten im Dunkel der Nacht

Martin weiß nicht genau, was ihn in diesem Jahr erkennen lässt: Es ist wieder soweit. Vielleicht liegt es an der Luft, die ihm bei seinen gewohnten Abendspaziergängen mit jedem weiteren Tag etwas kühler vorkommt. Sie streift nasskalt seine Hände, dringt in die Ärmel des Mantels, sogar unter den Schal; die Zeit der Nebel ist gekommen. …
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Sieben Leben

Der seltsame Gedanke tauchte zum ersten Mal in mir auf, als ich auf dem Markt war, mich gerade auf dem Brunnenrand niedergelassen hatte und mich aufatmend umsah. Das Menschengewimmel um mich her war mir wieder zu viel geworden, die Einkäufe hingen schwer in meinen Händen. Es war erst vormittags und doch fühlte ich mich so …
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Wenn ich draußen bin

Von Zeit zu Zeit zieht es mich hinaus. Wenn mir das Stadtbunte und Arbeitslaute, die Menschenenge und Straßenschnelle zu viel wird, dann zieht es mich weg. Auf den Weg. Weg vom Denken hin zum Fühlen und auch das sagt: Geh! Hin! Aus dem Haus! Pack die Tasche, schnür die Schuhe. Lauf! Wenn ich nach draußen will, …
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Das blaue Leuchten

Seine Finger bewegen sich flink und die Schwielen an den Händen hindern ihn nicht, fein und genau zu arbeiten. Geschickt umwickelt Madaram mit einer Sehne das Speerende und befestigt so die himmelblauen Federn, damit die Luftwesen dessen Flug ins Jagdziel wohlwollend begleiten können. Das Ende der Sehne fest in der Hand haltend, schnippt Madaram einige …
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Dreieinigkeit

Fast zeitgleich seid ihr in mein Leben getreten. Nur wenige Wochen nacheinander. Noch war ich Feuer und Flamme durch dich, der du den Bergen gleichst. Den schneebedeckten Gipfeln in deiner Kühle genau so, wie den feuerspeienden Vulkanen, wenn du aus dir heraus gehst.  War mit dir auf jedem von ihnen, stand oben im Wind hinter …
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Waldleben Wiesenbeben

An mir hinuntersehend erscheine ich. Von den bloßen Füßen wachse ich hinauf ins Sein. Wechsele von unsichtbar über durchscheinend in handfeste Gewissheit, vermeine zu spüren, wie mein Blut beginnt zu kreisen, langsam erst, dann stetig.  Mein Blick gleitet aufwärts über sich färbende Haut. Vertraute Festigkeit erfährt mein Inneres. Die Schultern erstarken den Hals stützend und …
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Malad Elam Kah

Auf seiner dreimonatigen Tour durch Indien haben sich ihm viele Erinnerungssplitter eingeprägt, und jetzt, seit Monaten wieder zu Hause und den Staub seiner Reise längst von den Kleidern gewaschen, macht sich Christian daran, seine Impressionen niederzuschreiben. Er spielt mit dem Gedanken, ein kleines Bändchen herauszugeben. Vier Kapitel sind schon fertiggestellt und an dem nächsten arbeitet …
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Sonnenblau

Dieser endlose Sommer. Endlos sonnige Tage, denen kurze milde Nächte folgen. Und wieder geht ein Tag zur Neige. Eine Handbreit überm Horizont gleißt die Sommersonne, verströmt sich vor zartem Himmelblau. Einen schattenspendenden Arm an der Stirn, schaue ich ins flirrende Licht des Tales, das sich weithin unter mir ausbreitet: Diesige Luft lässt die grünen Höhenzüge …
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Dreh dich nicht um

Da stehst du nun, mit beiden Händen an der Wand. Dein Rücken spricht mich an und wartet. Zählst du die Rauten der Tapete? Oder zählst du die Sekunden? Was zählt mehr und was zählt jetzt? Zahllose Worte hast du gefunden, als du beschrieben hast, wie du geliebt werden möchtest. Und Zahlen kamen nicht darin vor. …
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