Morgenandacht

Wieder ein neuer Morgen. Im dämmerigen Zimmer stehe ich vor meinem Hochbett, mit meiner Mitte leicht an es gelehnt. Hinter mir, drei, vier Meter entfernt, lässt ein leichter Luftzug von der offenen Tür ins Freie die hängenden Fäden des Vorhanges sacht hin und her pendeln. Mild ist es draußen, hier drinnen wärmer.

Leise klingt aus der Ferne das sonntägliche Geläut an mein Ohr und trifft auf das Mitschwingen meines Herzens. Ich fühle mich tief berührt, andächtig.

Meine Hände streichen zärtlich über das samtene Laken vor mir, es duftet nach uns. Ich schiebe mein schönes indischrotes Bettzeug, das noch ganz warm von meinem Körper ist, ein wenig mehr beiseite. Fühle diese Wärme, die ein Teil von mir ist und auch ein Teil von dir. Ich war nur eben im Bad, konnte ausschlafen heute und etwas müde noch will ich wieder unter die Decke gelangen, doch etwas lässt mich innehalten.

Meine Gedanken sind bei dir. So stehe ich hier und wenn ich nur nicht hinschaue, mich nicht umdrehe dem Licht in meinem Rücken zu, dann bist du genau dort, trittst wohl gerade ein, leise, um mich nicht zu wecken. Vielleicht warst du draußen in den Wiesen an diesem frischen Morgen nach der unglaublichen Nacht und hast ebenso Andacht haltend, bei dir selbst verweilend, all das Geschehene noch einmal innerlich vorbeiziehen lassen. 

Unsere Hände sind sich gestern so selbstverständlich begegnet, haben einander magnetisch erfasst, nur sich lösend, um beim jeweils anderen auf Entdeckungsreise zu gehen und sich alsbald wiederfindend, ihre Wege ganz von selbst wissend. 

So viel Austausch vorher, rein virtuell, viele, viele Tage lang. Immer wieder neu und überraschend. Ein Sehnen kam auf, das uns hierher führte. Virtuelle Hände, zweidimensional, nun gewandelt in Greifbares.

Jetzt spüre ich sie wieder, deine Hände, an meiner Taille umgreifen sie die Mitte. Auch eine lose Strähne deines kräftigen schönen Haars fällt mir wieder auf die Schulter und deinen Mund spüre ich gleichzeitig einen Kuss aufhauchend eben dort.

Dein weites Hemd berührt meinen Rücken und ein Schauer rinnt durch mich von der Kühle gesandt, die du heranträgst. Still ruhen meine Finger jetzt auf dem Tuche vor mir und meine Aufmerksamkeit gehört augenblicklich dir. Kräftige, doch feinsinnige Hände wärmen sich an meinem Leib. Da ist sie wieder, diese Spannung, kaum dass du mich berührst. Meine Schultern straffen sich, mein Kopf sinkt nach hinten, von deinem gehalten. Ich genieße es, so dazustehen, spürend, wie mir die Knie weich werden, wie diese Wärme, das Feuer wie aus dem Nichts auftaucht und sich ausbreitet in mir. Solch leichte Berührungen verteilst du und doch, wie auch nur ein einziges Streichholz hinreicht, um ganze Wälder niederzubrennen, so gerate ich ebenso leicht in Brand.

Wie auch immer du das machst, mit welcher Magie du hantierst – es geschieht, jetzt. Nun sinken deine Finger nach vorn die Bahn meiner Lenden entlang und ruhen auf dem köstlichen Hügel aus. Tief muss ich Atem holen und du spürst das. Der Druck deiner Hände verstärkt sich, ein weiterer tiefer Atemzug folgt. Jetzt teilst du ihn mit mir. Du bewegst dich, senkst mein Haar teilend einen Kuss auf meinen Nacken, dann tiefer gleitend, einen weiteren auf jeden folgenden Wirbel. Schon bist du an meiner Taille angelangt, weiter verfolgst du diese Linie, deine Hände wandern nach hinten, meine Backen umschließend und fester aufliegend, lässt du einen Kuss sinken in die entstandene Furche. Unser Atem wird schneller, unwillkürlich halte ich den meinen an – nur um dann heftig aus- und wieder einzuatmen.

Sacrum heißt dieser Ort – Heiligtum. Wie wahr. Immer noch hinter mir hebst du meinen Schenkel an und langst dazwischen, streicht über die Feuchtigkeit, die längst schon wieder dabei ist, sich auszubreiten. Woher kommt nur all dies? Wie bewirkst du das? Deine Finger gleiten hinein in diese Nässe, ich höre dich lustvolle Worte flüstern, ich muss sie nicht verstehen, doch deinen warmen Atem spüre ich auf mir wie dritte, vierte Hände.

Deine Finger bewegen sich in mir, Schlangen gleich, deren Bisse dein pulsierendes Drücken meiner Lustpunkte sind, während dein Mund mich weiter küsst dort an der rückwärtigen heiligen Stelle. Oh du, Mann der du bist, halte ein – nein fahre fort, immer so weiter, weiter, weiter. Mein Haupt fällt nach hinten, ich ströme und feucht rinnt es mir die Beine entlang, ein weiteres Mal. Das bekannte Zittern befällt mich, ich stöhne tief auf und deiner Hände Druck an meinen Schenkeln bedeutet mir jetzt, hinaufzurutschen auf das Laken. In unser Nest der geilen Vögelei. Und sogleich folgst du mir. Teilst meine Schenkel sacht und doch bestimmend. Deine Freude ist so bereit, jetzt zuzustoßen und schon gleitest du in mich. 

Deine süße Schwere auf mir, deine Hände unter meinem Rücken, mich haltend, mich bindend an dich, ziehst du mich näher, ein wenig höher, nicht ohne meine Brüste durch deine Zunge willkommen zu heißen. 

Du beginnst dich zu bewegen, auf mir, in mir wird alles eins. Ich schwinge mit, halte den Rhythmus unwillkürlich, wie von selbst folge ich dir. Bin so willig willenlos, lange. 

Dann richtest du dich auf, zwischen meinen weit offenen Schenkeln kniest du, Liebster, und dein Stolz wird kurze Zeit sichtbar, nehme ihn aus halbgeschlossenen Augen gerade noch wahr. Wunderschön ist er, kraftvoll ragt er auf zwischen uns. Jetzt hebst du meine Beine hoch an deine Brust, legst meine Schenkel zusammen wie eine aufrechte Kerze und bevor ich dich fragend anschauen kann, bist du schon vor mir kniend in mir. Noch um einiges tiefer jetzt, dich frei bewegend, genießt du deine Lust, die der meinen so ähnlich sein muss, denn unsere Blicke finden sich im Einvernehmen des unvermeidlichen, nicht zu beendenden heftigen Bewegens unserer Mitte.

Diese deine Blicke, so dunkel, so tief, so unergründlich – ich erinnere mich, weiß es jetzt wieder, dass es immer diese dunklen Augen waren, die mich so magisch anzogen, ganz gleich den deinen. Doch jetzt schließen meine sich, deine Geilheit, deine Lust übermannt mich so eindringlich, dass ich für nichts mehr Augen habe. Nur fühlen, nur spüren, dich in mir, deine Härte, deine Kraft, deine Stöße, wieder und wieder und wie du mich hoch treibst, höher, mich schließlich fliegen lässt, weit, weit hinaus.

Dein tiefes Stöhnen ist es jetzt, das mich einholt, es zieht mich wieder näher zu dir. Du fliegst jetzt neben mir, nur kurz, und dann: ein letzter kraftvoller Flügelschlag und du lässt in mich deinen Fluss der Leidenschaft schießen, den wilden Herzschlag deiner Lenden. So spüre ich dein Pulsieren, das Zucken deines Körpers fällt über mich. An mich drückend umfange ich dich zum besiegelnden Kuss. Und muss doch meinen Mund gleich öffnen wieder, Luft holend, keuchend. Diese Glut aushauchend, aufdass sie uns nicht verbrenne, wissend, wir bedürfen einander noch viele weitere Male …

***

Jetzt liegst du hier dicht an mir, ausgestreckt, entspannt und halb bedeckt. So friedlich schläfst du in meinen Arm geschmiegt, spürst wohl nicht mehr meine Hand zärtlich dein Haar durchkämmen, schläfst den Schlaf des Gerechten. 

Deine Lider zittern ein wenig, du träumst also. Den ewigen Traum der Lust, der uns verbunden hält, ein teures, edles Band aus Vertrautheit, Verbundenheit und tiefster Zuneigung. Schlafe und träume, Liebster, ich werde es dir gleichtun. Nur ein wenig schauen noch, denn dieses Bild von dir erscheint mir als das kostbarste von allen.

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2011